Die Kriegsverbrecherlobby
Der Historiker und Journalist geht in einer umfangreichen und eingehenden Untersuchung der Frage nach, warum den im Ausland wegen Kriegsverbrechen zu lebenslanger Haft verurteilten Tätern vonseiten der Bundesrepublik kontinuierlich Unterstützung gewährt wurde. Er legt in seiner Darstellung großes Gewicht auf Ausgewogenheit und versucht zu erklären, wie es zu der aus heutiger Sicht oft unverständlichen Nachsicht und Unterstützung kam. Es wird klar, dass die offizielle Politik des Staates in den Jahren des Kalten Krieges eine entscheidende Rolle spielte. Konkret geht es um die "vier von Breda", die in den Niederlanden einsaßen, und um Herbert Kappler, der in Italien zu lebenslänglicher Haft verurteilt war. Die Politiker der Bundesrepublik von Konrad Adenauer bis Willy Brandt, Helmut Schmidt und Franz Josef Strauß haben die Inhaftierten juristisch und materiell unterstützt, sich für eine Begnadigung eingesetzt. Ihre Bemühungen sind immer im Zusammenhang mit den Bemühungen um ein gutes Verhältnis zu den Niederlanden und Italien zu sehen. Felix Bohr geht es nicht um Entschuldigung oder gar Rechtfertigung der damaligen Haltung. Er will die Motive aufzeigen, die für das Vorgehen ursächlich waren. - Ein anspruchsvolles und aufschlussreiches Buch für an der jüngeren deutschen Geschichte Interessierte.
Hans Niedermayer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Kriegsverbrecherlobby
Felix Bohr
Suhrkamp (2018)
558 S. : Ill.
fest geb.