Die Familie
Im 7. Band seiner autobiografischen Familiengeschichte (zul. "Die Universität", BP/mp 18/696) rückt der Autor seine Kernfamilie ins Zentrum. Er beschreibt seine ersten Kindheitserinnerungen, den großen Garten, eine alte Mühle, die unter Denkmalschutz steht. Seine Mutter hatte einen Teil des ehemaligen Firmengeländes ihrer Eltern geerbt. Die weiteren Teile gehören ihren Brüdern Heinz und dem geistig behinderten J. Andreas ist das jüngste von drei Geschwistern. Sein Bruder stellt früh gesellschaftliche Strukturen infrage und schließt sich linken Kreisen an. Seine Schwester heiratet einen Amerikaner und steht immer wieder mittellos vor der Tür ihrer Eltern. Enttäuscht von ihren Kindern zieht die Mutter sich immer mehr in ihr Schlafzimmer zurück. Doch Andreas lässt ihr keine Ruhe und fängt an, Fragen zu stellen. Was hat es mit den 100.000 DM auf sich, die Onkel Heinz fordert? Durch wiederholtes Nachbohren kommt der Ich-Erzähler manchem Familiengeheimnis auf die Spur. Auf das größte Geheimnis stößt ihn jedoch eine alte Freundin. Wie ist die Familie der Mutter in den Besitz des großen Grundstückes gekommen? Auf einem jüdischen Friedhof in Friedberg muss er sich der Tatsache stellen, dass die Wetterau seiner Romane voller Schweigen und Lügen steckt. Das Schweigen in der Familie steht für die kollektive Unfähigkeit geschichtlicher Aufarbeitung. Ein lesenswerter kleiner Roman, der auch ohne die Vorgängerbände breit einsetzbar ist.
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Familie
Andreas Maier
Suhrkamp (2019)
166 S.
fest geb.