Hotel der Schlaflosen
Die Titelgeschichte ist unglaublich - unglaublich, mit welcher Präzision über das Ungeheuerliche und Abscheuliche des Menschen erzählt wird, ohne voyeuristisch zu sein, denn das wäre über alle Maßen unangemessen. Hier werden kühl und nüchtern menschliche Züge, Prägungen und Manipulation seziert. Der Leser kann hier nur wortlos zurückbleiben, wofür Rothmann Worte findet. Dies ist bezeichnend für alle Erzählungen, die, als sei es die Beschreibung der natürlichsten Dinge der Welt, Wendungen, Erlebnisse und Erfahrungen aufzeigen, die eine Zäsur im Leben darstellen. Dies nicht groß und voller Sensation, sondern alltäglich und fast lapidar, was die Dramatik letztlich erst herausstellt. Es sind die Grundemotionen, die zu Geschichten werden: Angst, Liebe, Glaube, Trauer. Das ganze Spektrum ist Thema sowie alle Generationen und Geschlechter. Ein Buch, das einem den Atem stocken lässt. Sprachliche Mittel sind Kunst bei Rothmann und bilden besondere Literatur. Auffallend.
Christine Vornehm
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Hotel der Schlaflosen
Ralf Rothmann
Suhrkamp Verlag (2020)
204 Seiten
fest geb.