Guldenberg

Guldenberg ist ein fiktiver Ort, "man lebte hier anders als anderswo in der Welt", so liest man es zu Beginn des Romans. Dagegen heißt es im Klappentext: "Bad Guldenberg ist überall". Seit eine Gruppe von Migranten (Syrer und Afghanen) im alten Seglerheim Guldenberg untergebracht wurde, kommen jedenfalls unter den Bewohnern der ostdeutschen Kleinstadt nach anfänglicher Unruhe und Anspannung immer mehr auch fremdenfeindliche Vorurteile und Hass auf, die sich schließlich entladen. Der Autor Christoph Hein zeigt in 34 kurzen Kapiteln, welche Menschen und Menschengruppen in dieser Stadt leben: ein besorgter, verständiger Bürgermeister, erfolgreiche und scheiternde Unternehmer, Bürger mit Vorurteilen und aggressiven Aktionen, wie man sie überall erlebt und kennt, eine junge Schwangere, die Auslöser für zweifelhafte Mutmaßungen wird, minderjährige Asylanten, die deswegen in Verdacht geraten und ernsthaft bedroht werden. Der Pfarrer ist hilfsbereit, der Vorsitzende seines Pfarrgemeinderats und Stadtrat eine zwielichtige Person. Der Roman ist einfach aufgebaut, es werden Kapitel für Kapitel Personen (oder Gruppen) in den Blickpunkt gestellt, man lernt sie schnell kennen, weil sie meist einem Klischee entsprechen. Es gibt keine persönlichen Entwicklungen, Veränderungen, eine gewisse Spannung (keine Hochspannung) ist da, die aber letztlich verpufft. Ende des Romans: Das Seglerheim wird dicht gemacht, wird Pflegestation (einstimmiger Stadtratsbeschluss!), die Asylanten kommen in eine andere Stadt. Wie es ihnen dort ergehen wird, darüber kann sich der Leser seine Gedanken machen. Trotz der kritischen Einwürfe: Ein Buch, das Spuren hinterlässt.

Hardy Scharf

Hardy Scharf

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Guldenberg

Guldenberg

Christoph Hein
Suhrkamp (2021)

284 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 974647
ISBN 978-3-518-42985-3
9783518429853
ca. 23,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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