Geschichten vom Herrn Keuner
Vor fast 100 Jahren schrieb Brecht 100 kurze Prosastücke: Parabeln, Anekdoten, philosophische und ideologische Stücke. Er legte für ihn wichtige Fragen in den Mund des Phantoms Herr Keuner - hinter dem sich Berthold Brecht selbst verbirgt. Der Comic-Künstler Ulf K. hat Herrn K. ein Gesicht gegeben - das Gesicht Brechts - und gibt durch seine Zeichnungen dem Leser Interpretationshilfen für die Texte. Bei vier der 34 Beiträge stammt auch der Text aus der Feder des Zeichners. Mit wenigen Strichen transportiert er die manchmal schweren und altertümlichen Kürzest-Geschichten in einen Kontext, der leichter zugänglich ist. Die Gefahr der Über- oder Fehlinterpretation hat er genial umgangen und Brechts Kunstfigur zu jenem zeitlosen Denker gemacht, der jedem Menschen etwas zu sagen hat. Der Unterhaltungswert tritt zurück hinter der Idee, durch einfache Fragen des Alltags auf große Fragen des Mensch-Seins hinzuweisen. Die Antworten sind durch Brechts Ideologie von Sozialismus, Kommunismus und Atheismus geprägt. Es ist Beitrag, sich mit dem kulturellen Erbe Deutschlands auseinanderzusetzen und daher trotz möglicher ideologischer Bedenken empfehlenswert.
Lotte Schüler
rezensiert für den Borromäusverein.
Geschichten vom Herrn Keuner
von Bertolt Brecht und Ulf K.
Suhrkamp (2014)
133 S. : überw. Ill.
kt.