Stille Post

Christina von Braun ist eine Nichte des Raketenkonstrukteurs Wernher von Braun. Während er, sein Vater und weitere Männer der Familie ihre Lebensgeschichte in verschiedenen Formen aufzeichneten und öffentlich machten, hinterließen die Frauen wenig Stille Post Schriftliches, allenfalls Tagebuchaufzeichnungen. Diese Lücke versucht die Autorin zu füllen, indem sie die wenigen Zeugnisse auswertet, denen der männlichen Angehörigen gegenüberstellt und vor allem die Dinge aufgreift, die ohne Worte tradiert wurden. Besonderes Augenmerk richtet sie dabei auf ihre Großmütter. Die mütterliche war Hildegard Margis. Als Witwe war sie nach dem Ersten Weltkrieg eine führende Autorin und Verlegerin von Hauswirtschaftsratgebern. Sie starb kurz nach dem Hitlerattentat in einem Nazi-Gefängnis, weil sie einer Widerstandsgruppe nahestand. Die Zeit ab der russischen Besetzung von Niederschlesien mit langen Phasen der Unsicherheit und Not lässt von Braun durch ihre Großmutter von der Vaterseite lebendig werden. Ihre eigene Mutter dagegen hat ein Tagebuch hinterlassen aus den Jahren, in denen die Diplomatenfamilie im Vatikan interniert war. - Gerade die zeitliche Überschneidung der letzten beiden Quellen zeichnen ein extrem unterschiedliches Wahrnehmen der Ereignisse der ersten Nachkriegsjahre auf. Das Buch ist eine interessante Aufarbeitung von Geschichte, da sie allgemein bekannte Daten mit höchst subjektiven und ganz andersartigen Wahrnehmungen kombiniert.

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Stille Post

Stille Post

Christina von Braun
Propyläen (2020)

427, [16] Seiten : Illustrationen
fest geb.

MedienNr.: 946564
ISBN 978-3-549-10006-6
9783549100066
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Bi
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