Alles, was leuchtet
Wie kann uns Literatur helfen, ein sinnvolles Leben zu führen? Für die US-amerikanischen Philosophen Hubert Dreyfus und Sean Dorrance Kelly liegt die Antwort in der Antike. Homers "glücklicher Polytheismus" ist das Vorbild: eine von Göttern beschützte
Welt, in der die Dinge leuchteten, wofür die Menschen dankbar waren. Im Siegeszug der Autonomie des Menschen ist diese Ehrfurcht vor den Dingen verloren gegangen, meinen die Verfasser, und mit der Delegation des handwerklichen Wissens an die Technik (Beispiel: Navigationsgeräte) gehen Wertmerkmale verschütt. Der Vorzug des Buches liegt darin, dass dieser "Gegenwartsnihilismus" nicht im Gewand der Kulturkritik auftritt, sondern in Form einer bedächtigen Argumentation, die für Sorgfalt, Achtsamkeit, Einfühlsamkeit wirbt, ohne die Errungenschaften der Moderne zu verdammen. Sehr hilfreich sind auch die Vergleiche aus der Sportwelt und zwischen antiker Literatur und modernem Film. Kein Ratgeberbuch, aber eine anspruchsvolle, verständlich geschriebene Nachdenk-Lektion in Sachen Sinnsuche durch Literatur. Allen Beständen empfohlen.
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.

Alles, was leuchtet
Hubert Dreyfus und Sean Dorrance Kelly
Ullstein (2014)
363 S.
fest geb.