Paradise Ost
Während der Zeit des Kalten Krieges, der Angst vor dem Kommunismus in den 1970er Jahren, leben die Lehrerin Eleanor und ihre 13-jährige Tochter Jess als Außenseiter in der kleinen englischen Stadt Tamworth. Sie sind überzeugte Kommunisten, engagieren sich für ihre kleine Gruppe Gleichgesinnter und verkaufen die Zeitung "Morning Star" im Einkaufszentrum. Im Sommer 1978 schließlich erfüllt sich ein Traum: Eleanor erhält die Einladung der DDR, in Potsdam einen Englisch-Kurs abzuhalten. Dies wiederholt sich über ein paar Jahre hinweg, bis Eleanor 1984 in das von ihr so idealisierte Land übersiedelt. Während sie weiterhin die DDR als Idealverkörperung der sozialistischen Idee sieht und sich in den Genossen Peter verliebt, freundet sich Jess mit Peters Tochter Martina an und realisiert die Unfreiheit und Bedrohung Andersdenkender und Nicht-Angepasster. Aus Jess' Sicht werden die Absurditäten des Lebens als Außenseiter in einer englischen Kleinstadt ebenso wie die des Alltagslebens in der DDR witzig und pointiert geschildert. - Die Autorin verarbeitet in ihrem Debütroman, der den aussagekräftigen Titel "Motherland" trägt, eigene Erlebnisse. Die Entwicklung der jungen Jess, die im Gegensatz zu ihrer Mutter allmählich hinter die Fassaden des real existierenden Sozialismus der DDR blickt, ist einfühlsam beschrieben. Ein wenig langatmig sind die Schilderungen der Versammlungen und Ausflüge während ihrer Sommeraufenthalte, doch ist dieser ungewöhnliche Blick von außen auf die als sozialistisches Traumland geschilderte DDR erfrischend und lohnend. Ab mittleren Beständen. (Übers.: Susanne Höbel)
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.
Paradise Ost
Jo McMillan
Ullstein (2016)
348 S.
fest geb.