Die Leichtigkeit
Zufällig kommt Catherine zu spät zur Redaktionssitzung der Satirezeitschrift Charlie Hebdo. Von der Straße aus wird sie Zeugin des Anschlags, bei dem viele ihrer Freunde und Kollegen ums Leben kommen. Obwohl Catherine viel Beistand erfährt, lässt das Trauma sie nicht los. Fortan ist sie auf der Flucht vor der Depression, die Leichtigkeit ihres Lebens ist verloren. Mit dieser Graphic Novel liegt ein authentischer Erfahrungsbericht einer jungen Mitarbeiterin von Charlie Hebdo vor. Was nach dem Terroranschlag in ihr vorgeht, bringt sie ohne Distanz und mit großer Professionalität aufs Papier: die Trauer, die Gedankenspiralen, zaghafte Versuche, das alte Leben weiterzuführen, der Blick in Abgründe, die Flucht ans Meer, in die Berge, nach Rom. Es ist ein innerer Bewusstseinsstrom, der skizzenhaft hingeworfen oder panoramaartig ausgebreitet wird. Dementsprechend zeigt sich die Zerrissenheit der Gestaltung im Verzicht auf rasterhafte Panels und überhaupt jegliche grafische Struktur. In den Dialogen findet sich sogar manch witzige Volte. Dass die Zeichnerin ein "Augenmensch" ist, mag ihr für die Bewältigung der Krise eine Rettung sein, denn die Erlebnisse mit der Kunst der Renaissance und des Barock bieten ihr wertvolle visuelle Anregungen. Die "Suche nach dem Gleichgewicht der Wahrnehmung" hat sie mit dieser großen Arbeit glaubwürdig für die Leser erfahrbar gemacht.
Dominique Moldehn
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Leichtigkeit
Catherine Meurisse
Carlsen (2016)
133 S. : überw. Ill. (überw. farb.)
fest geb.