Wer bist du zur blauen Stunde? - 1

Der Jugendliche Tasuku findet nach einem Umzug an seiner neuen Schule schlecht Anschluss. Als Mitschüler ein Schwulen-Anime auf seinem Handy entdecken und ihn damit mobben, sieht sich Tasuku am Tiefpunkt seines Lebens. Er ist hilflos, wehrt sich nicht und muss erkennen, dass auch seine Lehrer nicht in der Lage sind, das Mobbing zu stoppen. Aus dieser Ausgangssituation eröffnet Manga-Autor Yuhki Kamatani eine Art surreales Paralleluniversum. Tasuku beobachtet, wie eine fremde Frau - begleitet durch Sternenfunkeln - aus dem Fenster des gegenüber liegenden Hauses springt. Ein Selbstmord?! Als Tasuku geschockt zu dem Haus rennt, findet er die Frau dort unverletzt vor. Die Fremde, die von jetzt an anonymisiert "Frau Jemand" genannt wird, begrüßt Tasuku mit dem Satz "Wie ich sehe, bist du doch nicht gesprungen." Sie scheint ihn genau zu kennen und um seine Homosexualität und sein Outing-Problem zu wissen. Die Bildsprache der Geschichte zielt stark auf die Innenansichten der Figuren ab. Am Beispiel eines lesbischen Paares wird deutlich, welchen Druck Eltern, Arbeitgeber und die Gesellschaft aufbauen, wenn Menschen "anders" leben. Im mysteriös verfremdeten und doch geschützten Umfeld von Frau Jemand kann Tasuku Homosexuelle beobachten und wird sich dem Wirrwarr seiner Gedanken und Emotionen bewusst. Der Manga zeigt, wie schwierig es ist, sich in einer Welt voller Fremderwartungen über seine eigene Identität klar zu werden, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das sind zweifellos zentrale Fragen, für die der Manga meiner Ansicht nach zu wenig durchschaubare Antwortvorlagen gibt. Es ist gut, dass der Manga versucht, Homosexualität differenziert zu thematisieren; doch am "Wie" haftet zu viel Seltsam-Unerklärliches. Eingeschränkt empfehlenswert.