Wesire und Konsuln
1807 steht Napoleon auf der Höhe seiner Macht und streckt die Fühler nach der für ihn strategisch wichtigen Stadt Travnik in Bosnien aus. Der große Feldherr entsendet einen Konsul nach Travnik, den Franzosen Daville. Er soll dort Kontakte knüpfen und um die Gunst des osmanischen Wesirs werben. Österreich als Frankreichs Gegner sendet ebenfalls einen Konsul nach Travnik, der die Interessen Österreichs vertreten und dem französischen Konsul das Leben schwer machen soll. Obendrein wird ein russischer Konsul erwartet. So wird das Städtchen Travnik mit seiner aus vielen Ländern stammenden Bevölkerung zum Brennpunkt der internationalen Diplomatie, an dem die Facetten des menschliche Schicksal umso deutlicher sichtbar werden. Hierin zeichnet sich die Leistung des Literaturnobelpreisträgers Ivo Andric (1882 - 1975) aus: Auf unnachahmliche Weise beschreibt er detailliert, wie sich der Lauf der Geschichte in jedem einzelnen Charakter widerspiegelt und setzt gleichzeitig seiner Heimatstadt Travnik ein Denkmal. Auch über 75 Jahren nach der Erstveröffentlichung seines Werkes ist dieser Roman absolut lesenswert und nicht umsonst einer der größten des 20. Jahrhunderts. Ab mittleren Beständen empfohlen. (Übers.: Hans Thurn)
Sonja Hochhausen
rezensiert für den Borromäusverein.
Wesire und Konsuln
Ivo Andric
Zsolnay (2016)
653 S.
fest geb.