Am Hügel von Capodimonte
Die Tochter erinnert sich am Sterbebett der Mutter an deren und ihr eigenes Leben: Das arme Mädchen aus dem Hinterland von Neapel lernt den Sohn einer wohlhabenden Familie kennen. Gegen deren Widerstand heiratet der Buchhalter die junge Frau. Doch er stirbt schon nach wenigen Jahren. Das Verhältnis bleibt gespannt; die schwierige Großmutter kennt ihre Enkel kaum. Enger ist die Bindung an die mütterliche Familie, in der es von eigenwilligen Menschen nur so wimmelt. In einem einfachen alten Viertel mit halbkriminellen Typen bringt die Witwe sich und ihre Kinder über die Runden, indem sie sich als Geldverleiherin betätigt. - Armut und Abgleiten in ungesicherte Verhältnisse bestimmen viele Szenen, ebenso das Verharren in nicht mehr zeitgemäßen Mustern, sowohl auf der Seite der ländlichen Verwandtschaft wie bei den arrivierten väterlichen Familienmitgliedern. Sind bei den einen die Lebensumstände von sozialer Unsicherheit geprägt, sind die anderen erstarrt in patriarchalischen Strukturen. Aus allen Schilderungen von Einzelbegebenheiten schimmert die mehrtausendjährige Geschichte Neapels als eines Konglomerats, dessen Dominante prekäre Lebensverhältnisse sind. (Übers.: Annette Kopetzki)
Pauline Lindner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Am Hügel von Capodimonte
Wanda Marasco
Zsolnay (2018)
237 S.
fest geb.