Das Sonntagskind
Was der Vorarlberger Literat und Romancier Michael Köhlmeier anpackt, das hat Hand und Fuß. Und es geht den Leser unmittelbar nicht nur an, sondern oft, wie bei diesem Buch, zu Herzen. Wenn Köhlmeier durch das Sagen- und Märchenland Österreich schweift, hat er da eine Entdeckung und dort eine Ausgrabung gemacht - alles zum Nutzen dessen, der die alten Stoffe, von Köhlmeiers Heimat bis ins Burgenland, von Wien bis in die südliche Steiermark, gern im modernen, nie aber modernistischen Gewand (wieder) lesen mag: vom "Schusterstein bei Grein" lässt er sich erzählen, von "Paracelsus und Luzifer", vom "Sonntagskind", das dem Band den Titel gab (in dem es um "Liebe und Verrat, ... Glück, Tränen und Tod" geht), von Naturgeistern und Schreckensgestalten, von geschichtlich verbürgten Gestalten, die noch heute Groß und Klein mit ihren oft skurrilen Begegnungen auf das Beste unterhalten. Die von Köhlmeier erbrachten Nacherzählungen enden jeweils mit einem humorvollen Hinweis, dass die Geschichte halt so und so hier dargestellt wird, ob sie sich aber genau so zugetragen hat, das ist nicht verifizierbar. Und letztlich nicht wichtig, was die Sagen angeht. Bei den Märchen weiß man ja eh, dass sie "erfunden" sind. - Für alle Bestände gerne empfohlen.
Hans Gärtner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Das Sonntagskind
Michael Köhlmeier
Deuticke (2011)
316 S.
fest geb.