Die unaufhörliche Wanderung
Fast im Jahresrhythmus erscheinen von diesem mit vielen literarischen Preisen ausgezeichneten Schriftsteller neue Essays. Seine Weltneugierde und sein Staunen auch über kleine Dinge des Alltags sind auch nach Jahren des Publizierens nicht erloschen. Der neue Band ist in vier Kapiteln geteilt. In "Ort und Zeit" findet man u.a. eine Kritik des inflationären Gebrauchs von Handyfotografieren, das auch nicht vor spektakulären Unfällen und dem Schmerz der Opfer zurückschreckt. In dem Kapitel "Zu ebener Erde und darunter" begibt sich der Autor zum Beispiel auf eine Stadtwanderung durch Odessa. Im Kapitel "Voraus, zurück" wird über die in Zukunft mögliche und auch sehr wahrscheinliche kulturelle Veränderung der Wiener Bevölkerung räsoniert. Der "alte Flickenteppich Österreich wird wieder bunter, aber damit nicht wie von selber schon besser werden." Und im letzten Kapitel "Lesen und Schreiben" erinnert sich der Autor dankend an einen kauzigen Deutschlehrer, der ihm die Liebe zu abseitigen Schriftstellern ermittelt hat. Wie es der Autor schon seit Jahren mit seinen Texten schafft, scheinbar "konservative" Themen wie "Heimat", "Verteidigung der deutschen Sprache" oder "Respekt" zu schätzen, ohne dabei in den Ton aggressiver Nationalisten und Populisten zu verfallen, ist bewundernswert. Auch deshalb wünscht man diesem Buch viele Leserinnen und Leser.
Carl Wilhelm Macke
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die unaufhörliche Wanderung
Karl-Markus Gauß
Paul Zsolnay Verlag (2020)
203 Seiten
fest geb.