Ein Sommer aus Stahl

Francesca und Anna, die unzertrennlichen Busenfreundinnen, sind zu Strandschönheiten des kleinen italienischen Hafenstädtchens Piombino herangewachsen. Sie genießen die begehrlichen Blicke der jungen Männer, samt und sonders einfache Arbeiter in der nahe gelegenen Stahlfabrik, und fordern deren Anzüglichkeiten heraus. Dass Anna sich, kaum vierzehnjährig, auf eine Beziehung einlässt, empfindet Francesca als Verrat und es kommt, auch weil sich die schulischen Wege beider Mädchen trennen, zu einem schwerwiegenden Zerwürfnis. Die junge italienische Autorin hat hier weit mehr als eine berührende Beziehungsgeschichte abgeliefert. Das traditionell geprägte, erschreckend brutale familiäre Beziehungsgeflecht, ein rigides, jeden sozialen Aufstieg lähmendes gesellschaftliches Umfeld, die starren Rollenmuster, denen die Jugendlichen unterworfen sind, und das triste Arbeitermilieu, dem fast alle Protagonisten entstammen, sind der authentische Background, der dem Roman Tiefe, Atmosphäre und Plausibilität verleiht. Erschütternd die Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit der meisten in diesem dem wirtschaftlichen Niedergang preisgegebenen Stahlarbeiterstädtchen, die sich für die Jugendlichen im Schicksal ihrer eigenen Eltern manifestiert. - Die junge Autorin hat in ihrem autobiografisch inspirierten Debütroman zu einem ganz eigenen Stil gefunden, der auf beeindruckende Weise der Handlung des Romans gerecht wird. Der Orientierungslosigkeit der Protagonisten entspricht der permanente Wechsel der Erzählperspektiven, der den Leser überdies ganz in die Emotionen der Figuren eintauchen lässt. Es ist ein wildes, oszillierendes, schonungslos detailgenaues Erzählen, bei dem auch die derbe Alltagssprache nicht aufgesetzt wirkt, sondern zur Charakterisierung der Personen notwendig ist. Ein fulminanter, packender und empfehlenswerter Roman. (Übers.: Michael von Killisch-Horn)