Das Mädchen im Strom
Gudrun Samuel wächst behütet in Mainz' bester Wohngegend auf. Mit den zunehmenden Einschränkungen für Juden versuchen Bekannte der Familie auszuwandern, doch Gudruns Vater weigert sich als strammer Patriot. Nach seinem Tod probiert Gudrun es mit
gefälschten Papieren, wird von der Gestapo inhaftiert, aber verhältnismäßig gut behandelt. Danach bleibt nur mehr der Weg über die Sowjetunion nach China, den mit ihr rund 18.000 Juden aus Europa gingen. Dank ihrer Begabung für Massage findet die junge Frau dort ein bescheidenes Auskommen, heiratet aber einen Nichtsnutz, was ihr das Überleben während der Ghettoisierung durch die japanische Armee erschwert. Durch einen norwegischen Kapitän kommt sie nach London, wo sie erneut heiratet und als Physiotherapeutin arbeitet. Doch es zieht sie zurück in ihre Geburtsstadt. All die Jahre hat sie Kontakt zu ihrer Schulfreundin gehalten, die mit ihrer Familie in die USA emigrieren konnte. Sie sehen sich nur einmal wieder, da Gudrun nicht in die USA einreisen durfte, die Freundin aber Deutschland nicht mehr betreten wollte. An den beiden Freundinnen zeigt die Autorin die diametral entgegengesetzte Reaktion Deutscher jüdischen Glaubens vor und nach 1945. Einen großen Gegensatz bilden auch die Beschreibungen des beschaulichen Mainz und der hektischen Metropole Shanghai. Nicht außer Acht lassen sollte man bei der Lektüre, dass Gudrun Samuel eine ausgesprochen emanzipierte Frau ihrer Jahrgänge war. Deshalb v.a. auch für Leserinnen interessant.
Pauline Lindner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Das Mädchen im Strom
Sabine Bode
Klett-Cotta (2017)
349 S.
fest geb.