Kommission der Tränen
Cristina, eine Frau um die 40, hört Stimmen, aus der Vergangenheit, aus der Gegenwart. Sie erzählen von ihrem frühen Leben in Angola und von ihrem jetzigen Aufenthalt in der Psychiatrie in Lissabon. Dorthin kam sie im Alter von fünf Jahren. Ihr Vater, ein Befreiungskämpfer, gehörte in Luanda der "Kommission der Tränen" an, einem Symbol für die Hilflosigkeit des Menschen inmitten einer Welt von Krieg und Gewalt. Antunes stattet seine Hauptfigur mit einem reichen Gedächtnis und einer scharfen Wahrnehmungsgabe aus, kein Wunder, hat er doch als Militärarzt in Angola und als Psychiater in einem Lissaboner Krankenhaus gearbeitet. Doch die Lektüre wird erschwert durch die Sprunghaftigkeit der Erinnerungen. Die Stimmen überkreuzen und überschlagen sich, so dass die Orientierung schnell verloren geht. Mag auch diese Erzählweise einer traumatisierten Erinnerung gerecht werden, dem Leser wird damit keine große Freude gemacht; er muss sich statt auf einen durchgehenden Plot auf viele Miniaturen einlassen. Deshalb nur für geduldige Leser mit Interesse an postkolonialer Literatur interessant. (Übers.: Maralde Meyer-Minnemann)
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.
Kommission der Tränen
António Lobo Antunes
Luchterhand (2014)
379 S.
fest geb.