Streichquartett
Romane zu schreiben, das ist Anna Enquists dritte Karriere, zuvor war sie Konzertpianistin und Psychoanalytikerin. Aus dieser Erfahrung ist der neue Roman entstanden. Vier langjährige Freunde kommen allabendlich auf einem Hausboot in Amsterdam zusammen, um zu musizieren. Schubert und Mozart stiften Freude. Aber da rumort auch lange Unausgesprochenes. Die Ärztin Carolien (am Cello) und ihr Mann Jochem, Geigenbauer (an der Bratsche), haben ein Kind verloren und sargen sich in einer Trauer ein, aus der die Musik nur einsinnig hinausführt. Am Ende kommt es zu einem Überfall auf das Hausboot, ein flüchtiger Verbrecher zerstört den Idyllenrest. - Anna Enquist erzählt, abgesehen vom furiosen Finale, leise und einfühlsam von der Gewalt der Musik, die trösten und heilen, aber auch verstören und täuschen kann. Mozarts Dissonanzenquartett (mit dem Namen der Hauptfigur "Caroline" bzw. "Carolien") ist die stimmführende Melodie dieses Weges von der Musik ins Leben. Auch die anderen Stimmen des Kammerquartetts sind fein gezeichnet, die helfersyndromartige Krankenschwester Heleen und der unbeholfene Musiklehrer Hugo. Ein empfehlenswerter Roman der bekannten niederländischen Autorin. (Übers.: Hanni Ehlers)
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.
Streichquartett
Anna Enquist
Luchterhand (2015)
286 S.
fest geb.