Mutter. Chronik eines Abschieds

Die Diagnose ist eindeutig: unheilbarer Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ich-Erzählerin Melitta Breznik, eine österreichische Ärztin mit Wohnsitz in der Schweiz, zieht bei der Mutter ein, um ihr Tag und Nacht bis zum Ende nahe zu sein. Anfangs bittet Mutter. Chronik eines Abschieds die Sterbende ihre Tochter um den Erlösungstod. Da dies keine Option ist, geht die 94-Jährige den letzten Weg gestärkt durch die Fürsorge ihrer Kinder und des Pastors; eine Pflegerin lehnt sie bis fast zuletzt ab. Das bringt die pflegende Tochter bald an ihre Grenzen. In einem Notizbuch hält diese den Schmerz, die Trauer und die Stadien des langen Abschieds fest. Mit liebevollem Blick schaut sie auf den langsamen körperlichen Verfall der Mutter. Immer wieder lässt die Sterbende ihre Vergangenheit vorüberziehen und bringt so unbewusst die Tochter dazu, sich der eigenen Trauer um ihr abgetriebenes Kind zu stellen oder die Frage nach der aktiven und passiven Sterbehilfe im Stillen zu erörtern. Durch die Nähe der beiden Frauen wandelt sich der Schmerz des Abschieds für jede von ihnen und lässt den Leser sehr berührt zurück. Dieses Buch beeindruckt ungemein. Vor allem die zärtliche Schlichtheit und Ambivalenz, mit denen die Autorin ihre Beobachtungen auszudrücken weiß, gehen unter die Haut und wirken noch sehr lange nach. Unbedingt einstellen!

Martina Mattes

Martina Mattes

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Mutter. Chronik eines Abschieds

Mutter. Chronik eines Abschieds

Melitta Breznik
Luchterhand (2020)

157 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 957380
ISBN 978-3-630-87506-4
9783630875064
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Fa
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Auszeichnung: Sachbuch des Monats