Der Tod des Schtetls
Yehuda Bauer, israelischer Historiker (Schwerpunkt: Holocaust), zeichnet aufgrund zahlreicher Recherchen (Zeitzeugen, Archive) die kaum aufgearbeitete Geschichte der Schtetl (in sich geschlossene Gemeinwesen, in denen jüdische Kultur und Religion traditionell gelebt wurden) in den Kresy (Nordostpolen, Ostgalizien, Wolhynien) nach und beschreibt die Auslöschung der Schtetl und den Mord an den Juden durch das NS-Regime. Dabei geht es ihm nicht vorrangig um die Darstellung historischer Geschehnisse, sondern um die Schilderung der inneren Verhältnisse in diesen Gemeinden. An einzelnen Beispielen weist Bauer nach, dass sich in Zeiten politischer und ideologischer Bedrohung (u.a. sowjetische Besatzung, Antisemitismus), die das Zusammenleben in den Schtetls stark einschränkten und ihre Existenz sehr gefährdeten, Zusammenhalt und Tradition als Stützen erwiesen und dass selbst in den Jahren der Deportationen und Massentötungen durch NS-Deutschland Solidarität, Selbstbehauptung sowie Eigeninitiative als Basis dienten, die auch nach der Zerstörung der Schtetls bei einzelnen Gruppierungen in den KZ zum Tragen kamen. Das Überleben war jedoch meist nur durch die Hilfe anderer (Ukrainer, Polen, Weißrussen) möglich. - Als eine der wenigen Publikationen zum Thema ab mittleren Beständen interessant.
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Der Tod des Schtetls
Yehuda Bauer
Jüdischer Verl. (2013)
363 S. : Kt.
fest geb.