Das Antwerpener Testament

Die englische Sprachlehrerin Henriette Stanley konstruierte für ihre Kinder eine eigenwillige Welt. Ihr Bruder, ein Antwerpener Kaufmann, achte sehr darauf, dass niemand einen Deutschen heirate. Die Familie habe zu sehr unter der NS-Zeit und der deutschen Das Antwerpener Testament Besatzung Belgiens gelitten. Unrichtig, so finden die Abkömmlinge nach Henriettes Tod durch die Schwester ihres Ehemannes heraus, sind auch ihre Darstellungen über diese Ehe und den Tod eines ihrer Kinder sowie die materiellen Verhältnisse. Dennoch wagt es ihre Tochter nach langem Zögern, einen deutschen Studenten zu ehelichen. Das Spannungsverhältnis zwischen der Ablehnung des Schwiegersohns durch die Mutter und dem eigenen Wunsch prägt die Ehe. Dennoch kehrt Ann zur Geburt ihres ersten Kindes zur Mutter zurück. - Beginnend mit der Beerdigung Henriettes blendet die Autorin auf markante Schnittpunkte in deren Leben und in dem ihrer Nachkommen und Verwandten zurück. In Form von innerfamiliären Auseinandersetzungen werden die Judenverfolgung samt Flucht nach Holland und die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs thematisiert, oft auf versteckte Art als gut getarnte Lebenslüge. Auch den Auswüchsen bigotter Moral wird breiter Raum geschenkt. Das Buch zeigt zum einen die Verflechtungen zwischen christlichen und jüdischen Deutschen, zum anderen wie Vorurteile tradiert werden. Eine Familiengeschichte als Geschichtsbogen.

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Das Antwerpener Testament

Das Antwerpener Testament

Evelyn Grill
Residenz-Verl. (2011)

316 S.
fest geb.

MedienNr.: 345241
ISBN 978-3-7017-1566-4
9783701715664
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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