Die Gegenstimme
Für die Volksabstimmung am 10. April 1938, die den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich bestätigen soll, kehrt der Student Karl Bleimfeldner in sein Heimatdorf zurück. Statt jedoch wie die meisten anderen sein "Ja" offen vor den Augen des Wahlvorstands zu setzen, wie es mit unverhohlenen Einschüchterungsversuchen nahegelegt wird, gibt er in der Wahlkabine die einzige Gegenstimme der Gemeinde ab. Als sein Wahlzettel bei der Auszählung entdeckt wird, begibt sich die hitlertreue Dorfjugend bewaffnet auf die Jagd nach Karl. - Dieser beeindruckende Roman schildert den Wahltag 1938 aus den Perspektiven verschiedener Dorfbewohner: von jenen, die ideologisch überzeugt sind oder Aufstiegschancen wittern, bis hin zu den eingeschüchterten Wählern, die soziale Konsequenzen und die offenen Drohungen eines Regimes fürchten, dessen Propaganda und Durchdringung von Bildung und Verwaltung längst übermächtig scheinen. Trotz der bemerkenswerten Zivilcourage Einzelner bleibt die schweigende Mehrheit in diesem Klima letztlich ungehört. Breit zu empfehlen.
Marlene Knörr
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Gegenstimme
Thomas Arzt
Residenz Verlag (2021)
189 Seiten
fest geb.