Eine Nacht in Kabul
Der Autor bereiste Afghanistan seit 2001 wiederholt und schildert hier einige seiner Erlebnisse in Kabul und anderen Teilen des Landes, verbunden mit Exkursen in die Geschichte der Region seit der Antike bis zur sowjetischen Invasion (hier wäre eine Zeittafel hilfreich gewesen). Deutlich wird dabei die heutige verfahrene militärische und politische Situation - die Taliban und ihre Bundesgenossen sind zwar vertrieben, aber nicht endgültig besiegt, das jetzige Regime hat sich durch Korruption, Willkür und Misswirtschaft diskreditiert, die westliche Aufbauhilfe kommt nur teilweise an. Insgesamt also eher düstere Aussichten für die Zukunft, auch wenn westliche Politiker und Militärs ständig das Gegenteil beschwören. Eine Ursache für die Misere scheint in der mangelnden Kenntnis des Landes und seiner Bewohner zu liegen, ihrer Mentalität, ethnischen, sprachlichen und religiösen Vielfalt. Ihnen konnte oder kann man eben weder ein kommunistisches System noch eine Demokratie westlicher Prägung einfach überstülpen. Leider fehlen eine Karte Afghanistans und ein Glossar, das etwa über die angesprochenen Ethnien knapp informiert, das hätte die Lektüre des Buches für den Laien erleichtert. Die beigegebenen Schwarzweiß-Aufnahmen sind zwar sehr ausdrucksstark, hätten aber in manchen Fällen einer kurzen Erläuterung bedurft. - Insgesamt ein beunruhigendes Buch, dem man gerade deshalb möglichst viele Leser wünscht.
Hans-Jürgen Schubert
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Eine Nacht in Kabul
Ulrich Ladurner
Residenz-Verl. (2010)
253 S. : Ill.
fest geb.