Held Hermann
Die Leser/-innen begleiten den 12-jährigen Protagonisten Hermann, seinen ein Jahr älteren Bruder Karl, seine jüngere Schwester Hedi sowie deren Mutter durch das letzte Jahr vor Ende des Zweiten Weltkrieges im beschaulichen Örtchen Freistadt, unweit der österreichischen Stadt Linz. Sein Vater kämpft an der russischen Front und ist nur selten zu Besuch. Hermann ist ein aufgeweckter, guter Junge, der gerne mit seinen Freunden umher stromert und Unsinn anstellt. Zunächst verfolgt er nur am Rande die sich zuspitzende politische Lage und nimmt die kriegerische Situation oftmals auf die leichte Schulter. Da Hermanns blaue Augen "sehr arisch" sind, muss er zur Hitlerjugend, obwohl er die Gruppierung schlichtweg nicht versteht. "All unsere Schulbücher sind voll von blonden, blauäugigen Menschen, die ihre Blicke heroisch in eine glückselige Zukunft richten." Im Laufe der Geschichte kommt Hermann aber nicht umhin, sich erwachsener verhalten zu müssen. Niemand überlebt diese Zeiten in Kinderschuhen. Die kindliche Naivität sowie die jugendliche Schwerelosigkeit verschwinden im Nebel des Nationalsozialismus'. Freistadt entpuppt sich mehr und mehr als Nest von Widerständlern, mit denen auch seine Eltern sympathisieren. Als die Gestapo von dieser Wandlung erfährt, werden plötzlich Vertraute zu Denunzianten. Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive Hermanns erzählt, eines jungen Heranwachsenden, der zwischen abenteuerlichem Forellenangeln und verantwortungsvollem Handeln feststeckt. Und dies in einer kriegerischen Zeit mit all seinen Nebenwirkungen: "Haltung annehmen, Burschen!". Aufgeteilt in vier große Kapitel, die sich an den Jahreszeiten orientieren, ist jede Zeit in sich zusätzlich in kleinere Abschnitte sortiert. Alle paar Seiten findet man seitengroße Illustrationen der Autorin, die ursprünglich Grafikdesign studiert hat. Mit diesem Buch gelingt der Autorin die perfekte Darstellung eines Protagonisten, der es schafft, einer Zeit voller Angst und Verrat eine gewisse naive Leichtigkeit mitzugeben. Gerne empfohlen.
Anja Kuypers
rezensiert für den Borromäusverein.
Held Hermann
Leonora Leitl
Tyrolia-Verlag (2020)
254 Seiten : Illustrationen (farbig)
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 11