Vorstadtprinz
Herrlich ist die Komik in Matthias Egersdörfers "Roman meiner Kindheit". Er beginnt mit der unglaublichen Beschreibung von Matthias' Zeugung und Geburt, deren Umstände von ihm selbst gemutmaßt werden. Matthias erzählt von den Erlebnissen in seiner Zeit als Kleinkind und lässt nichts aus. Das erzwungene Leeren des Donald-Duck-Tellers mit Gemüse zum Beispiel: "Als Lohn für das Hineinwürgen der gekochten Beleidigung glotzte einen also der amerikanische Vogel an ... Ich begriff, dass es in der Sache keinerlei Handlungsspielräume gab". Matthias erzählt von der Oma, die ein Stockwerk tiefer wohnt, vom Einkauf beim Metzger und der immer neuen Aufforderung: "Wie sagt man?", wenn er eine Wurst bekommen hatte. Die Einschulung als einschneidendes Erlebnis und Freiheitsberaubung, die Klavierstunden bei Frau Schiffer, der Wechsel aufs Gymnasium, die Mädchen, das Engagement in Kirche und Umweltschutz, der Freund als Seelenverwandter. Das alles wird detail- und fantasiereich beschrieben, bis das Buch mit der ersten Liebe und dem holprigen Bestehen des Abiturs endet. Aus jeder Zeile zeigt sich die Profession des Autors als Kabarettist und Komiker. Ein ungewöhnliches Buch für vergnügliche Lesestunden.
Gabriele Berberich
rezensiert für den Borromäusverein.
Vorstadtprinz
Matthias Egersdörfer
Rowohlt Berlin (2019)
318 S.
fest geb.