Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich

Der Journalist mit dem Spitznamen "Kassandra" im neuen Buch des Büchner-Preisträgers Friedrich Christian Delius bekommt aus heiterem Himmel die Kündigung. Der altliberale Rebell fühlt sich zum Schweigen verdammt. So beginnt er eine Art Tagebuch Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich über die politische und gesellschaftliche Lage seines Landes. Er hofft, dass seine Nichte Lena es dereinst lesen wird. Sein Lieblingsobjekt ist die "meistüberschätzte" Kanzlerin, die im Herbst 2017 gerade wieder eine Bundestagswahl gewonnen hat. Subjektiv und rücksichtslos beschreibt der mürrische Schwarzseher, wie Europa zu bröckeln beginnt, denn die Chinesen sind längst eingedrungen und kaufen alles auf. Das liest sich kurzweilig und meist kann man seinen Zuspitzungen durchaus zustimmen. Doch wo bleibt der "Roman"? In einem vierten Kapitel nimmt die Handlung etwas Fahrt auf, als sein Jugendfreund Roon, ein Internist und Segler aus Baltimore, zu Besuch kommt, um sich nach einem passenden Ort für eine Hausarztpraxis auf Rügen umzusehen. Roon reagiert neutral, ruhig und neugierig auf die reflexhaft emotionalen Auslassungen des Tagebuchschreibers und verschafft ihm am Ende die Erkenntnis: "(Fast) ein Jahr mein eigener Pausenclown, das reicht." Dem kann sich die Leserin nur anschließen. Ein manchmal amüsantes, manchmal nervendes Buch, weniger Roman als Meinungsäußerung.

Karin Blank

Karin Blank

rezensiert für den Borromäusverein.

Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich

Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich

Friedrich Christian Delius
Rowohlt Berlin (2019)

252 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 928657
ISBN 978-3-7371-0076-2
9783737100762
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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