Die Habsburger
Wie wurden die Habsburger aus einem einfachen Grafengeschlecht, das am Oberrhein ansässig war, eine Kaiserdynastie und eine der mächtigsten Familien Europas, die sogar ein Weltreich regierte und noch im Untergang groß war? Der englische Historiker M. Rady entwirft in 29 Kapiteln eine beeindruckend große Erzählung, wie es heute fast nur noch die englische Geschichtsschreibung zuwege bringt: mit einem sicheren Blick für das Epoche Machende, fundiert und getreu in den Details, sprachlich höchst eloquent, aber nie akademisch abgehoben und immer treffsicher auf eine Leserschaft bezogen, die erst noch für das Thema gewonnen sein will. Dabei verliert sich der Autor bei aller Belesenheit nicht im Vergangenen, sondern hat - naturgemäß von Kapitel zu Kapitel mehr - auch die europäische Gegenwart im Blick, und dies nicht ohne den typisch britischen Humor, wenn er etwa Otto von Habsburg, den letzten wirklich bedeutenden Spross der Familie, als den "besten Kaiser, den Österreich nie hatte", tituliert. Hervorzuheben ist aber auch, dass Rady hinter allen Daten und Fakten auch so etwas wie eine bis ins Visionäre gehende "Habsburger Idee" herausarbeitet, deren Vielschichtigkeit - manchmal auch Widersprüchlichkeit - vom Katholizismus bis zur Aufklärung, vom Konservativ-Restaurativen bis zum Reformerisch-Humanen noch heute fasziniert.
Martin Niedermeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Habsburger
Martyn Rady ; aus dem Englischen von Henning Thies
Rowohlt Berlin (2021)
623 Seiten : Illustrationen, Karten
fest geb.