Manchmal muss man Pferde stehlen

Man sollte sich nicht vom Cover dazu verleiten lassen, hier eine geschmeidige Pferdegeschichte zu erwarten. Die Autorin erschuf einen ergreifenden Kinderroman, der das Thema Traumata auf Augenhöhe ihrer beiden Protagonisten als Abenteuer verhandelt. Manchmal muss man Pferde stehlen Die Kinder Anna (11 Jahre) und Tariq sind sich ihrer Außenseiterrolle sehr bewusst. Nachdem Annas Mutter verschwunden ist, spricht sie nur noch mit ihrem Vater und mit Tieren. In der Klasse wird dies hingenommen. Nicht so bei Tariq, dem Flüchtlingskind aus Afghanistan. Seine immer wieder ausbrechenden Aggressionen sind traumatische Reaktionen der Flucht und der Angst vor bewaffneten Männern. Dem stehen alle Erwachsenen hilflos gegenüber, denn sie erkennen seine zerrisse Seele nicht. Über die beiden Ackerpferde Wackelpo und Apfelmütze nähern sich die Kinder an und finden an- und miteinander Halt. Anna wächst im Zusammensein mit Tariq über sich hinaus, findet dabei nicht nur ihre Sprache, sondern stärkt schrittweise ihr Selbstbewusstsein. Tariqs Plan, seinen Bruder Jamal zu finden, schließt sich Anna an. Reitend brechen sie in ein gefahrenvolles Abenteuer auf. - Die Autorin erschafft mit sprachlichem Feingefühl eine große Nähe zu den Figuren und erzeugt anschauliche Bilder, um das Gefühlsleben der beiden Kinder zu beschreiben. Es ist kein Wohlfühlroman und auf ihrem Roadtrip sind die Grenzen zwischen rechtswidrigem Verhalten und Bedrohlichem sehr durchlässig. Im Nachwort erläutert die Autorin die realen Hintergründe in Afghanistan.

Manuela Hantschel

Manuela Hantschel

rezensiert für den Borromäusverein.

Manchmal muss man Pferde stehlen

Manchmal muss man Pferde stehlen

Antonia Michaelis ; Bilder von Simona M. Ceccarelli
Verlag Friedrich Oetinger (2022)

284 Seiten : Illustrationen
fest geb.

MedienNr.: 610109
ISBN 978-3-7512-0028-8
9783751200288
ca. 15,00 € Preis ohne Gewähr

Borromäus-Altersempfehlung: ab 10
Systematik: K
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