Geteilte Träume

Die 18-jährige Ingke Beerenhain erfährt 1992, als sie Stammzellen für ihre erkrankte Mutter Maren spenden will, dass sie zu DDR-Zeiten von dem Arztehepaar adoptiert wurde. Sie ist völlig von der Rolle. Ihre leibliche Mutter ist die Tochter eines Geteilte Träume langjährigen Feriengasts ihrer Adoptivtante. Mit ihrer Hilfe findet sie ihren leiblichen Großvater, der seit 1961 im Westen lebt. Er hat ihre Mutter Petra nur zweimal gesehen, als Kleinkind vor seiner Verhaftung, und neun Jahre später für einige Tage, als er nach dem Gefängnisaufenthalt in den Westen ging, aber seine Familie wegen des Mauerbaus nicht mehr nachholen konnte. Erst als auch Petra mit Ingke als Baby über die Ostsee fliehen wollte, entdeckt wurde und eine Haftstrafe verbüßte, kam sie zu ihm, nachdem sie Bundesrepublik sie freigekauft hatte. - Kaum einer der Protagonisten, der nicht in irgendeiner Form unter dem sozialistischen Regime gelitten hat. Die Übergriffe und Einschränkungen von Staats wegen mögen dem Plot geschuldet recht verdichtet sein; in Varianten vorgekommern sind sie aber zahlreich. Und so auch die bleibenden seelischen Verletzungen der Protagonisten. In einem Kapitel schildert Petra Schröder die jungen ausländischen Gäste im Hotel Berlin. Sie seien mit 17 so unbedarft gewesen, wie DDR-Kinder das mit zwölf nicht mehr waren, weil sie wussten, was sie sagen durften und was nicht. Mothes schildert eine wahre Maschinerie der Bespitzelung bis ins tiefste Privatleben. Die Lektüre empfiehlt sich besonders für jüngere, die die Zeit vor der Wende nicht erlebt haben.

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Geteilte Träume

Geteilte Träume

Ulla Mothes
Lübbe (2021)

444 Seiten : Illustration
kt.

MedienNr.: 973163
ISBN 978-3-7857-2729-4
9783785727294
ca. 14,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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