Das Haus an der Enz
Ungewollt schwanger heiratet Amalie kurz vor dem Ersten Weltkrieg ihren Karl, einen jungen Glasermeister. Er wird zum Militär einberufen, schon in den ersten Kriegswochen, und kehrt mit bleibenden Verletzungen in die Nähe von Pforzheim zurück. Auf Amalie lastet die Verantwortung für drei kleine Kinder. Die großen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen berühren auch die kleine Ortschaft und fordern von der jungen Frau und bald darauf Witwe sehr viel ab. Nur dank ihres Ältesten bringt sie die Werkstatt über die Runden. Je mehr Schlagschatten das Nazi-Regime vorauswirft, desto mehr nähert sie sich pazifistischen Gedanken und steht den rechten und vor allem judenfeindlichen Parolen aufgrund ihrer eigenen Lebenserfahrung äußerst kritisch gegenüber. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs werden beide Söhne eingezogen. Der jüngere fällt, der ältere kehrt als blinder Krüppel zurück. - Die Erzählperspektive ist die einer Frau, die sich epochen- und standesgemäß zuerst überhaupt nicht um Ereignisse außerhalb ihres engeren Lebensumfelds kümmerte, die aber nach und nach durch die äußeren Umstände dazu gezwungen wird, zumindest vor sich selbst Stellung zu beziehen. Sprache und geschilderte Begebenheiten sind sehr stimmig und schaffen ein detailreiches Bild, wie die Zeitumstände auch im ländlichen Raum wahrgenommen wurden. Breit einsetzbar.
Pauline Lindner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Das Haus an der Enz
Anneliese Zorn
Stieglitz-Verl. (2017)
427 S.
kt.