Ein anarchistischer Bankier
Der portugiesische Autor (1888-1935) ist bekannt für den spielerischen Umgang mit Sprache und Figuren (hinter denen er sich meist verbirgt). Diese dichterischen Vorlieben bestimmen auch den Dialog zwischen einem Bankier und dem Ich-Erzähler. Letzterer hält sein Gegenüber für einen Gauner und versucht diesen mit der Bemerkung zu provozieren, dass der Bankier doch früher Anarchist gewesen sei. Der so Angegriffene bekennt sich umgehend weiter zum Anarchismus und führt philosophisch deduzierend den Beweis, dass die reine Form des Anarchismus sich erst in einem Bankier verkörpern kann, da er Theorie und Praxis vereint. Der Ich-Erzähler gibt sich am Ende amüsiert über die raffinierte Beweisführung, die dem sensiblen Zuhörer (und Leser) als krasser Egoismus erscheinen muss. Das schön gestaltete Bändchen (mit Zusatzinformationen zum Autor) könnte einem kleinen speziell vorgebildeten Leserkreis gefallen. (Übers.: Reinhold Werner)
Ingeborg Giesler
rezensiert für den Borromäusverein.
Ein anarchistischer Bankier
Fernando Pessoa
Wagenbach (2006)
Salto ; 137
86 S. : Ill.
fest geb.