Das Höcker-Album

Erst 2007 gelangte das United States Holocaust Memorial Museum in den Besitz dieses Foto-Albums von 1944 mit 116 Schnappschüssen des SS-Personals in Auschwitz. Es war zunächst für Historiker und Juristen eine unerwartete Sensation, weil es dienstliche und private Bilder aus der letzten Phase des KZ Auschwitz wie keine andere Fotosammlung dokumentiert und so zu einer der wichtigsten fotografischen Quellen zum KZ-Personal überhaupt wurde und zu noch laufenden Prozessen herangezogen werden konnte. Karl Höcker war der Adjutant des letzten Auschwitz-Kommandanten, Richard Baer, und für ihn war das nach ihm benannte Album zusammengestellt worden. Das Album erzählt eine ganz andere Geschichte über Auschwitz, als diejenige, die wir bisher kennen. Es zeigt auf vielen Fotos das Sozialleben und die Freizeit des SS-Personals, nicht die Opfer oder Gebäude, sondern offizielle Anlässe und insbesondere auch die Kameradschaft der Täter untereinander. Sie dokumentieren ihren Alltag, der unmittelbar neben den mörderischen Aktivitäten im Lager ablief. Es sind Augenblicke der Entspannung, gemeinsamer Aktivitäten, sogar der Freude. Und doch ist das Album und sogar jedes einzelne Foto ein beklemmendes Beispiel für die "Banalität des Bösen". Man kann die "harmlos-schönen Bilder" der SS-Offiziere in ihren sauberen Uniformen, dekoriert mit Abzeichen und Auszeichnungen sowie einiger Frauen nicht betrachten, ohne daran zu denken, zu welchen unmenschlichen Aktionen die gleichen Menschen Tag für Tag in ihrem Alltags-Dienst fähig waren. Die deutsche Edition publiziert das Album vollständig. In umfangreichen Kommentaren und mit aufklärenden Bildlegenden, sowie hilfreichen Beiträgen von neun internationalen Autoren werden Bilder und Situationen erklärt und Personen auf den Bildern - manche erstmalig (!) - identifiziert. Obwohl grauenhaft in seiner Analyse - ein hochinteressantes, aufklärendes Buch, vor dem man sich nicht verstecken kann!