Atatürk
Atatürk, der "Vater der Türken", so die Übersetzung seines Namens, hat sich seinen legendären Ruf über sieben Jahrzehnte erhalten. M. Sükrü Hanioglu setzt mit seiner Biografie des "Visionär(s) einer modernen Türkei" (Titelzusatz) durchaus Maßstäbe. Packend, ja geradezu mitreißend und gespickt mit historischen Hintergründen, präsentiert M. Sükrü Hanioglu darin den Werdegang des Mannes, der die Türkei aus dem untergehenden Osmanischen Reich in ihre Zukunft als Republik führte und dieser bis zu seinem Tode als erster Präsident vorstand. Die Darstellung von Mustafa Kemal, so der eigentliche Name Atatürks, beginnt mit dessen Kindheit in seinem Geburtsort Saloniki, wo die kulturellen Gegensätze des späten Osmanischen Reiches besonders hervortreten, führt über seinen Werdegang als ambitionierter Offizier bis hin zur Türkischen Republik und endet mit Atatürks Tod im Jahre 1938. Manche zeitlosen Probleme inbegriffen: Wie kann man in einem Vielvölkerstaat eine nationale Identität entwickeln? Wie viel religiöse Prägung und welcher Grad an Säkularisierung sind für ein Land gut? Am Ende fügt Hanioglu ein Fazit an: Atatürk war kein großer Ideologe oder Theoretiker, sondern ein Praktiker und Pragmatiker, der sich oft auch mit dem Ellbogen durchsetzte, dennoch aber auch ein Visionär. Gerade in unserer Zeit, wo die Türkei vom Säkularismus eines Atatürk sich immer mehr in Richtung auf einen Islamismus entfernt, ist dieses Buch sehr zu empfehlen!
Richard Niedermeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Atatürk
M. Sükrü Hanioglu
Theiss (2015)
312 S. : Ill., Kt.
fest geb.