Lügen über meinen Vater
Der Ich-Erzähler John schreibt - als er selbst Vater ist und seinem Sohn keine Lügen erzählen will - die Geschichte seiner Kindheit auf. Die Eltern stammen aus armem Bergarbeitermilieu, ihre Ehe bestand aus Enttäuschungen und Lügen. Die Kinder
wachsen in den 50er und 60er Jahren in einer Minenstadt in Schottland auf. John ist ein Außenseiter, hypersensibel, liest viel, schafft sich seine eigene Welt. Als Heranwachsender greift er zu immer härteren Drogen, bis er abstürzt. Nach dem zweiten Aufenthalt in einer Entziehungsklinik nimmt er endlich sein Leben in die Hand. Dabei spielt die Beziehung zu seinem Vater eine zentrale Rolle. Obwohl er unmittelbar nach der Beerdigung seiner Mutter vor ihm ausgerissen ist und ihn jahrelang nicht gesehen hat, kommt er nicht los von ihm, sehnt sich nach seiner Anerkennung. Er weiß, dass sein Vater immer gelogen hat, keine seiner Geschichten über seine Kindheit stimmt, doch die Wahrheit kommt nie heraus. Der Vater war ein Findelkind, "hatte keine Geschichte, also erfand er eine". Er war gewalttätig, ein Trinker und Spieler, der seinen Sohn für einen Versager und Schwächling hielt. Nach dem Tod des Vaters hat John ihn nicht nur "im Lehm der Stadt dankbar begraben", sondern auch "im eisigen Untergrund seines Vergessens". - Eine literarisch anspruchsvolle Auseinandersetzung des bekannten englischen Autors mit dem Vater. Geduldigen Lesern sehr empfohlen. (Übers.: Bernhard Robben)
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.

Lügen über meinen Vater
John Burnside
Knaus (2011)
380 S.
fest geb.