Die süße Einsamkeit

Die jung dem Naziterror zum Opfer gefallene Schriftstellerin hat seit ihrer Wiederentdeckung vor sieben Jahren eine zweite Karriere gemacht, durch die sie nun auch über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt wurde. Dieser Roman trägt autobiographische Die süße Einsamkeit Züge und schildert die Kindheit und Jugend eines Mädchens aus einer jüdischen Familie aus Kiew. Im Mittelpunkt steht das kalte, später offen feindselige Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. Hélène hat nur zu ihrer französischen Gouvernante eine wirkliche enge Bindung. Mit dem Vater verbindet sie eine zärtliche Zuneigung, doch sein oberster Bezugspunkt ist Geld, während es bei seiner attraktiven Frau Schönheit und Zerstreuung sind. Während es den Frauen materiell an nichts fehlt, weil der Vater auch aus der russischen Revolution Kapital zu schlagen versteht, leidet das Mädchen unter tiefer Einsamkeit. Das ernste, belesene Mädchen vermag die Liebesverhältnisse ihrer Mutter und die Doppelmoral der neureichen Bürgersschicht zu durchschauen. Eine kleine Atempause verschafft ihr ein Winteraufenthalt in Finnland, um den Revolutionswirren zu entgehen. In der Gesellschaft eines jungen Familienvaters kann sie ihre Gefühle bei Schlittschuhlaufen und Herumtollen im Schnee ausagieren und der Statik ihres bisherigen Lebens entkommen. Die wundervoll lebendigen Schilderungen dieser Schneevergnügungen zeigen, dass Némirovsky nicht nur die psychologische Feinzeichnung beherrscht, sondern auch kräftige Naturbilder zu malen versteht. - Ein meisterhaft geschildertes, aber bitteres Gesellschaftsbild. Für Némirovsky-Fans und Liebhaber klassisch-modern erzählter Geschichten.

Angelika Rockenbach

Angelika Rockenbach

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Die süße Einsamkeit

Die süße Einsamkeit

Irène Némirovsky
Knaus (2012)

269 S.
fest geb.

MedienNr.: 366109
ISBN 978-3-8135-0377-7
9783813503777
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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