Der Knabe im Brunnen

Stefan Andres (1906-1970) gehörte in den ersten Nachkriegsjahrzehnten zu den erfolgreichsten Autoren in Deutschland, in den 1960er Jahren begann sein Stern zu sinken. Seit geraumer Zeit aber ist das Leserinteresse wieder merklich gestiegen. Andres Der Knabe im Brunnen als phantasie- und humorvoller Erzähler, als Diagnostiker seiner Zeit, als weltkundiger Dichter auch in religiösen und philosophischen Fragen: Das dokumentiert beinahe mustergültig sein neben der "Utopia"-Novelle berühmtestes Buch, "Der Knabe im Brunnen" (1953), der im autobiographischen Gewand farbenfroh von der moselländischen Herkunft des Autors erzählt: von dem Auszug aus der väterlichen Mühle, dem Leben im Dorf, den Gesprächen mit dem lebensweisen Vater, von Jungenstreichen, "Zeppeliniaden, Lügengeschichten" und immer wieder von Geschichten von Anfängen (in der Schule, im Beichtstuhl, in der Stadt). Es ist ein gewichtiges Werk der "Regionalliteratur" und ein empathischer "Erinnerungsroman an die Kindheit", wie Hermann Erschens schreibt, der mit Christa Basten - die sich umsichtig in die mythisch-christliche Schicht des "Romans der Transzendenz" vertieft hat - den Band kommentiert und neu herausgegeben hat. Der Roman ist die beste Gelegenheit, einen Autor wiederzuentdecken, der etwas zu erzählen hat und uns von seinem "Vermögen, sich tief und gut zu erinnern", profitieren lässt. Sehr empfehlenswert, auch mit den anderen neuaufgelegten Prosabänden der Werkausgabe des Wallstein Verlags, "Gäste im Paradies" (2008), "Terrassen im Licht" (2009) und "Wir sind Utopia" (2010).

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Der Knabe im Brunnen

Der Knabe im Brunnen

Stefan Andres
Wallstein (2011)

Werke in Einzelausgaben
313 S.
fest geb.

MedienNr.: 339125
ISBN 978-3-8353-0737-7
9783835307377
ca. 28,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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