Juden, Deutsche, Alliierte

Atina Grossmann (Historikerin und Gender-Forscherin) erarbeitet in diesem breit angelegten, auf neuesten Forschungen, persönlichen Tagebucheinträgen, Aufzeichnungen, Briefen und Pressemeldungen basierenden Buch die problematische Schicksalsgemeinschaft Juden, Deutsche, Alliierte von Juden, Deutschen und Besatzungskräften in Deutschland während der unmittelbaren Nachkriegszeit. Diese schwierige Verquickung zeigt sich für die Autorin am deutlichsten am Beispiel Berlins sowie in den großen Displaced-Persons-Lagern im amerikanisch besetzten Bayern. Gerade für die nachfolgenden Generationen ist es erschreckend zu sehen, wie Selbstmitleid und die Leugnung jeder persönlichen bzw. kollektiven Schuld das Denken in der deutschen Bevölkerung dominierten. Den von Grossmann vornehmlich unter dem Gender-Aspekt beurteilten entsetzlichen Folgen von Kapitulation und Zusammenbruch für die deutsche Zivilbevölkerung (Massenvergewaltigungen, Fraternisierungen) steht die Situation in den DP-Lagern gegenüber, in denen sich zum einen ein intensives kulturelles und politisches Leben entwickelte und sich zum anderen die Überzeugung festigte, durch Heirat und Geburten dem jüdischen Volk eine hoffnungsvolle Zukunft zu geben und das Trauma des Holocaust zu lösen. - Mit einem Ausblick auf die weitere Entwicklung endet das sehr empfehlenswerte Buch, das jedoch Interesse voraussetzt und Konzentration verlangt.

Inge Hagen

Inge Hagen

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Juden, Deutsche, Alliierte

Juden, Deutsche, Alliierte

Atina Grossmann
Wallstein (2012)

472 S. : Ill.
fest geb.

MedienNr.: 375600
ISBN 978-3-8353-0934-0
9783835309340
ca. 29,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ge
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