Der lange Schatten des Nationalsozialismus
Die in diesem Buch veröffentlichten Vorträge des langjährigen wissenschaftlichen Direktors der Stiftung 'Topografie des Terrors' beschäftigen sich zum einen mit der Geschichte des Nationalsozialismus und zum anderen mit dessen Aufarbeitung sowie einer angemessenen Erinnerungskultur. Als Einstieg erörtert der Verfasser die europäische Diktaturgeschichte des 20. Jh. und beschließt die Ausführungen mit einem internationalen Vergleich von Erinnerungskultur und Erinnerungspolitik. Äußerst kenntnisreich zeigt Rürup, wie Literatur und Sport der NS-Ideologie untergeordnet und dem Terror ausgeliefert waren, fragt nach den Voraussetzungen und Ursachen des Antisemitismus, der rechtlichen Ausgrenzung und Ermordung der Juden und belegt, dass selbst höchst qualifizierte Wissenschaftler christliche bzw. humanistische Werte verrieten und zu Mittätern wurden. Die Tatsache, dass das Interesse der deutschen Bevölkerung an der Zeit des Nationalsozialismus, der konsequenten Aufarbeitung und der Etablierung einer Erinnerungskultur gestiegen ist, führt der Autor auf das breitere Wissen (Forschungen, Ausstellungen, Buchveröffentlichungen, Diskussionen) und auf die Einsicht zurück, dass nicht nur Hitler, ein kleiner Kreis von Gefolgsleuten, SS und Gestapo Täter waren, sondern eben auch viele "ganz gewöhnliche Deutsche". Dennoch gab es auch Widerstand, nicht nur die bekannten Namen, aber - so Rürup - ein "Volk von Widerstandskämpfern" gab es sicher nicht. - Das Buch ist leicht lesbar und sehr empfehlenswert!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Der lange Schatten des Nationalsozialismus
Reinhard Rürup
Wallstein (2014)
248 S.
fest geb.