Die Christus Trilogie

In den 90er Jahren überraschte der Regisseur und Schriftsteller Patrick Roth das Publikum mit drei Romanen, die in doppelter Hinsicht aus dem Rahmen des Gewöhnlichen fielen: einerseits durch die explizit religiöse Thematik, zum anderen auch durch Die Christus Trilogie die zum Teil sehr eigene sprachliche Gestaltung. In "Riverside" (1991: dnb-BP 92/530) suchen zwei junge Männer im Jahr 37 nach Christus den aussätzigen Diastasimos auf, der eine Begegnung mit Jesus gehabt haben soll, und erfahren von diesem eine noch nie gehörte Glaubens- und Heilungsgeschichte. "Johnny Shines" (1993: dnb/BP 94/388) spielt dagegen in der Gegenwart und handelt von einem 27-jährigen Obdachlosen, der in einer Art Manie immer wieder Särge aufbricht, um die Toten aufzuerwecken. Im Gespräch mit einer jungen Frau kommt dann der Grund für dieses Verhalten an den Tag: er hatte als Kind (versehentlich) seine Schwester erschossen - oder etwa doch nicht? In "Corpus Christi" (1996: dnb-BP 96/729) schließlich sucht der "ungläubige" Apostel Thomas nach dem verschwundenen Leichnam des gekreuzigten Jesus, denn nur wenn er ihn findet, kann er Gewissheit haben. Im Gespräch mit einer Jüngerin Jesu gelangt er schließlich bis zu dem Punkt, auch an seinem Zweifel zu zweifeln. Alle drei Romane kann man als große Literatur bezeichnen, die ihre Leser/innen herausfordert und auf ihre Weise einen Beitrag leistet, religiöse Fragestellungen auch in der modernen Gesellschaft lebendig zu halten. - Der Wallstein Verlag hat die drei Bücher nun für eine kommentierte Ausgabe in einen Band zusammengefasst: zum doppelten Nutzen gerade von Büchereien, denn zum einen liegen die Bücher damit wieder als haltbare Hardcover-Ausgabe vor (zu einem für drei Bücher zudem sehr günstigen Preis!), zum anderen ermöglicht der Kommentar obendrein noch eine vertiefte Beschäftigung mit den drei Romanen, nach deren Lektüre die Leser/innen in der Regel noch lange nicht mit diesen Texten fertig sind. Der Kommentar von Michaela Kopp-Marx entstand nach einem neuntägigen Interview mit P. Roth, in welchem dieser "Auskunft über den Entstehungsprozess und die Konzeption der Texte, seine Inspirationsquellen und Vorbilder" gab. Die Kommentierung greift hauptsächlich auf diese Aussagen zurück, bezieht aber auch weiteres Material mit ein. Dass der Kommentar gänzlich im Anhang untergebracht ist, erlaubt den Lesern zunächst eine unkommentierte Lektüre (zu welcher der Kommentar auch ausdrücklich rät), deren unmittelbarer subjektiver Eindruck erst danach durch den entsprechenden Kommentar vertieft werden kann - geradezu ideal auch für Literaturgesprächskreise. Man kann diese wunderbare Ausgabe allen Büchereien nur ans Herz legen!

Die Christus Trilogie

Die Christus Trilogie

Patrick Roth. Hg. und kommentiert von Michaela Kopp-Marx
Wallstein-Verl. (2017)

470 S.
fest geb.

MedienNr.: 851502
ISBN 978-3-8353-3065-8
9783835330658
ca. 29,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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