Munin oder Chaos im Kopf
Mina Wolf, eine allein lebende Journalistin von knapp 50 Jahren, arbeitet an einer Auftragsarbeit über den Dreißigjährigen Krieg. In der idyllischen Straße, in der sie wohnt, gibt es seit kurzem eine ärgerliche Ruhestörung: eine Frau, die amtlich als psychisch krank bestätig ist, singt oft laut und falsch von ihrem Balkon herunter. Da sie sich deshalb nicht mehr konzentrieren kann, beginnt die Protagonistin, nachts zu arbeiten und tagsüber zu schlafen. Gleichzeitig bemerkt sie auf ihrem Balkon eine Krähe, die sie bald füttert und zu der sie eine derart enge Bindung entwickelt, dass sie beginnt, sich mit ihr auszutauschen. Der Nachbarschaftsstreit eskaliert, gleichzeitig empfindet Wolf, je intensiver sie sich mit ihrem Auftragsthema beschäftigt, immer mehr Parallelen zur heutigen Zeit mit ihren wachsenden politischen Spannungen. So wähnt sie sich schon bald auch heute in einer "Vorkriegszeit". Mit der Krähe, die sie auf den Namen "Munin" tauft, führt sie lange Gespräche über Gott und die Welt, die teilweise verunsichern und Hörer oder Hörerin ratlos zurücklassen. Dennoch legt Maron hier einen hörenswerten, aktuellen Roman zu den Befindlichkeiten in Deutschland vor. Die Autorin trägt ihren Roman selbst in ruhigem, gut verfolgbarem Ton vor.
Gabriele Güterbock-Rottkord
rezensiert für den Borromäusverein.
Munin oder Chaos im Kopf
Monika Maron
Argon (2018)
argon edition
4 CD (ca. 264 Min.)
CD