Kim Jiyoung, geboren 1982

Kim Jiyoung ist eine Frau Mitte 30, beruflich erfolgreich und glücklich verheiratet. Das ändert sich, als sie nach der Geburt ihrer Tochter zu Hause bleiben muss, weil es die koreanische Gesellschaft so erwartet. Zunehmend verändert sich Jiyoungs psychischer Zustand und sie wird schließlich zur Behandlung zu einem Psychiater geschickt. Hier setzt die Erzählung ein, in der die junge Frau die Lebensläufe ihrer Vorfahrinnen erzählt. Das Leben der Frauen in Korea ist geprägt von Diskriminierung und Zurücksetzungen. Das beginnt schon in der frühesten Kindheit. Auch Jiyoung hat sich damit abgefunden, dass sie benachteiligt, beleidigt, belästigt, bedrängt wird. Früh erfährt sie, dass Auflehnung in der Gesellschaft nicht toleriert wird und Frauen den Geschlechtsgenossinnen die schärfsten Kritikerinnen sind. Jiyoungs Träume und Wünsche verschwinden langsam und sie verliert den Lebenswillen. Die Geschichte ist schwer erträglich, wenn man hört, wie die Übergriffe der Männer als Selbstverständlichkeit geduldet werden. Selbst junge Männer in Kims Alter erwarten von ihren Frauen Unterwerfung, während sie gleichzeitig die Frauen zu Hause beneiden. Die gesellschaftlichen Normen werden selbst durch den durchaus verständigen Psychiater unterstützt, obwohl er klar erkennt, woran die Frauen, auch seine eigene Frau, leiden. Nele Rosetz gibt der Protagonistin eine sehr starke Stimme, während Felix von Manteuffel im Epilog die Sicht des Therapeuten darlegt. Die Geschichte ist für kritische Zuhörer/-innen vor dem Hintergrund der #me-too-Debatte sehr zu empfehlen. Auch in kleineren Büchereien eine gute Bestandsergänzung.