Sültzrather

Vitus Sültzrather, Zimmermann im Südtiroler Dorf Aibeln, fällt 1959 vom Baugerüst und ist fortan querschnittsgelähmt. Im Rollstuhl wird er zum Dichter. Nach seinem Tod publiziert eine namenlose Herausgeberfigur, die nur durch das Kürzel "F." Sültzrather gekennzeichnet ist, ein unveröffentlichtes Manuskript. Überdies befragt "F." Vertraute des verstorbenen Dichters (seine Zugehfrau Notburga T., deren Tochter Rut, Sültzrathers Schwester Genovefa), zieht die Erinnerungen seines Neffen Isidor sowie die Notizbücher von Vitus selbst zurate. All diese Quellen werden zu einem Text montiert, der peu a peu Auskunft über das Leben und Schreiben Vitus Sültzrathers gibt. - Das Buch von Josef Oberhollenzer, das dieses Jahr auf der Longlist des Deutschen Buchpreises steht, ist - obwohl er diese Gattungsbezeichnung im Untertitel führt - kein Roman. Vielmehr handelt es sich um eine Textcollage, die auch optisch so gestaltet ist: Die nachgelassene Schrift von Vitus Sültzenrather ist in Schreibmaschinen-Type gedruckt. Die konsequente Kleinschreibung, von der nur Eigennamen ausgenommen sind, sowie die eingerückten und fettgedruckten Zitate sind als Hommage an Ernst Jandl gedacht. Der ausufernde Fußnotenapparat mit seinen umfänglichen literarischen Zitaten lässt den Text passagenweise zu einer Wissenschaftsparodie werden, mit der der promovierte Literaturwissenschaftler Oberhollenzer Thomas Bernhard und Peter Handke, den Helden seiner Dissertation, ein literarisches Denkmal setzt. - Empfehlenswert für Leser/innen, die Freude am literarischen Experiment und am literarhistorischen Spiel haben.

Antonie Magen

Antonie Magen

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Sültzrather

Sültzrather

Josef Oberhollenzer
Folio-Verl. (2018)

Transfer Bibliothek ; 140
180 S. : Ill.
fest geb.

MedienNr.: 903098
ISBN 978-3-85256-741-9
9783852567419
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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