Lochhansi oder wie man böse Buben macht
Jeannot Bürgi ist 1939 in Zürich geboren und von seiner Mutter in einer Kartonschachtel am Straßenrand abgelegt worden. Jahre später wird dieses Findelkind von einem kinderlosen Ehepaar adoptiert, wächst auf einem Bauerngut, dem "Loch", als Lochhansi in Bürglen am Lugernsee auf und erzählt hier mit über 70 Jahren - nach einem erfolgreichen Leben als Bildhauer -seine "zusammengebastelte Biographie" der Kinderjahre in einem armen Bauerndorf der Innerschweiz. Neben seiner streng katholisch-sittlich lebenden (Zieh-)Mutter und dem lebenslustigen und viel auswärts im Holzbau arbeitenden Vater steht der "Ätti", der schwerenötende Großvater, der die Feste feiert, wie sie fallen, und das Bätziwasser liebt, im Mittelpunkt seiner Welt und führt ihn ins Leben ein. Auch vom Dackel Joggeli erzählt er, dem Vieh und den vielen weiblichen Hausgenossen, den Schulanstrengungen (mit den kirchlichen Schulschwestern), den Kinderspielen und den ersten erotischen Beobachtungen, von Familienzwistigkeiten und Krankheiten, Erlebnissen in der Natur und in den Bergen u. ä. Er sinniert nach über Heimat und Freundschaft, über Krieg und Tod, über Glauben und Aberglauben, als Ministrant auch über Gott und die Welt. Seine Sprache - die eines über siebzigjährigen, sich erinnernden Mannes - ist einfach und gelegentlich mit schweizerisch-ländlichen Ausdrücken durchsetzt, die Fremde nicht leicht entschlüsseln können (was ist etwa ein "Gaden" oder eine "Gotte"?). - Es ist ein Genuss, diese ärmliche dörfliche Welt der Innerschweiz in den vierziger Jahren des 20. Jh. von einem Insider erzählt zu bekommen. Für alle Büchereien als beste Heimatliteratur zu empfehlen.
Georg Bergmeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Lochhansi oder wie man böse Buben macht
Jeannot Bürgi
Limmat-Verl. (2011)
216 S. : Ill.
fest geb.