Arme Roma, böse Zigeuner
Aus verschiedenen Blickwinkeln und mit fundiertem Background (vielfältiges Recherchematerial aus Gesprächen, Reportagen und Literaturstudium) betrachtet der Autor die Lage der sog. Zigeuner innerhalb Europas. Er schildert kenntnisreich, spannend und durchaus auch kritisch Geschichte, Kultur, Traditionen und Lebenswirklichkeit vieler "typischer" Zigeuner, räumt gleichzeitig mit den vielen (Vor-)Urteilen über "die Zigeuner" auf, erklärt Ursachen und Gründe für "Zigeunertypisches", beschreibt informativ und nachvollziehbar die Probleme, "Zigeunern" insbes. in den armen osteuropäischen Ländern menschenwürdige Unterkunft, Bildung, Arbeit und Aufstiegschancen zu bieten, aber auch, dass politisch gewollte spezielle "Zigeunerprojekte" eher kontraproduktiv sind, denn die Armut betrifft alle in den abgehängten Regionen im Osten - und viele Projekte halten sich selbst am Laufen, weil Geld eben Begehrlichkeiten weckt. Außer der inzwischen belegten Herkunft aus Nordindien gibt es kein sog. Volk der "Zigeuner", im Gegenteil, es gibt Familien und Sippen, durchaus auch konkurrierend, es gibt arme und reiche "Zigeuner", assimilierte und die, mit denen "Zigeuner" in erster Linie identifiziert werden, die betteln, sich prostituieren, oft kleinkriminell erkennbar am Rande der Gesellschaft existieren. Der Versuch, eine Volksgemeinschaft oder gar "Nation" mit gemeinsamen Interessenvertretungen und politischer Einflussnahme zu konstruieren, ist gescheitert. Weil noch immer vorwiegend Gerüchte und Vorurteile über "Zigeuner" verbreitet sind, ist dieses Buch überfällig und allen Büchereien dringend empfohlen.
Elisabeth Bachthaler
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Arme Roma, böse Zigeuner
Norbert Mappes-Niediek
Links (2012)
208 S. : Ill.
kt.