Wach

August Kreutzer, 35, Junior Manager einer riesigen Shopping-Mall, Vegetarier, lebt in seiner künstlichen Welt mit Nachbildungen der berühmten Einkaufsstraßen von Rom, Paris etc. Die neueste Attraktion ist die Eröffnung einer genauen Nachbildung Wach des römischen Trevi-Brunnens. Diese künstliche Welt vermittelt ihm ein Gefühl der Geborgenheit. Eine Welt, die vom Chef Xerxes erdacht ist. Xerxes ist überzeugt von seiner Idee, eine große Story zu erzählen. Er schwärmt vom Aufkommen eines "neuen Zeitalters, von der Schöpfung einer anderen Einzelhandelswelt". In seinen künstlichen Paradiesen gibt es keine Waffen, keine Erotik, keine Bestattungsunternehmen. Verlässt August diese Welt, wandert er durch seine Stadt - Berlin -, durchstreift schlaflos unbekannte Gegenden, mag Friedhöfe, horcht auf Vogelstimmen; beobachtet Sprayer und ihre Graffiti, überwachsene Gleise, Backsteinruinen, Bauzäune, Obdachlose. Er wandert durch ruhige Viertel, aber auch belebte Ausländerviertel auf der Suche nach der Vergangenheit, dem Abweichenden. Diese reale Außenwelt erscheint ihm unwirklich. Die einzige Verbindung zum wirklichen Leben ist die Freundschaft mit Manja, die als "Manon Lescaut" in der Mall Crêpes verkauft, und ihren beiden Kindern. Sie ist "gleichzeitig die fröhlichste und die traurigste Frau, die er je kennengelernt hat." Manja und August erzählen einander Geschichten. Etwas langatmig und nicht immer überzeugend, fasziniert der Autor aber mit seinem Mut, langsam und allmählich zu erzählen, ohne roten Faden, ohne Spannung, aber dennoch packend. Für anspruchsvolle Leser.

Ileana Beckmann

Ileana Beckmann

rezensiert für den Borromäusverein.

Wach

Wach

Albrecht Selge
Rowohlt (2011)

252 S.
fest geb.

MedienNr.: 345641
ISBN 978-3-87134-694-1
9783871346941
ca. 19,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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