Genie und Gartenzwerg
Seit Michael Holzbach ohne Geld durch Deutschland lief und seine Beobachtungen niederschrieb, gibt es immer wieder Autoren, die eine Fußreise nutzen, um Mentalität, Alltag und Leute der unterschiedlichen Regionen Deutschlands aufzuzeichnen. Helmut Schümann ist von den 3.757 km Landesgrenze etwa 1.475 km zu Fuß gegangen - allerdings meist auf der anderen Seite der Grenze. Und dieser kuriose Blick über den Gartenzaun, das Mit- und Nebeneinander von Deutschen und ihren Nachbarn, lakonisch und humorvoll geschildert von einem gestandenen Journalisten, macht den Reiz des Buches aus. Schümann weiß, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, wobei etwa der Deutschen Leidenschaft für Mülltrennung und ihre Geschichtsbesessenheit zur Sprache kommen. Der Autor schreibt keinen Reiseführer und enthält sich auch an historischen Orten wie Frydlant jeder Geschichtsbetrachtung. Ausschließlich aus den Begegnungen und dem Erleben beschreibt er unser Land aus den Blickwinkeln der Nachbarn von Dänen, Polen, Tschechen bis zu Franzosen, Belgiern und Niederländern. Eine solche Momentaufnahme bietet oft mehr als Langzeitbelichtungen. Empfehlenswert für reisefreudige und deutschlandkundige Leser auch kleiner Büchereien.
Helmut Krebs
rezensiert für den Borromäusverein.
Genie und Gartenzwerg
Helmut Schümann
Rowohlt Berlin (2014)
251 S. : Kt.
fest geb.