Ein Tag im Herbst

Vor 40 Jahren startete die RAF eine beispiellose Terroroffensive, um die sogenannte erste RAF-Generation aus den deutschen Gefängnissen freizupressen. Auch wenn der Staat als vermeintlicher Sieger aus dem Kräftemessen mit den Terroristen hervorging, Ein Tag im Herbst fühlten sich gerade die staatlichen Akteure nicht als Sieger. So plagt Hans Jochen Vogel, dem damaligen Justizminister, bis heute die Frage, welche Schuld er an der Ermordung Schleyers trug. "Ich habe Hanns Martin Schleyers Tod zwar nicht verschuldet, aber mitverursacht habe ich ihn doch", resümiert der ehemalige Politiker (S. 22). Auch andere Akteure und Zeitzeugen und mit ihnen die gesamte BRD wurden durch die Ereignisse des Jahres 1977 nachhaltig geprägt. Im vorliegenden Buch von Anne Ameri-Siemens stehen vor allem die Berichte der Zeitzeugen im Mittelpunkt. Diese zum Teil sehr unterschiedlichen Stimmen lässt sie in vielen Zitaten zu Wort kommen und reiht die oftmals langen Passagen geschickt aneinander. Mit eigenen Erläuterungen rahmt sie diese Collage und lässt somit für den Leser ein sehr eindrucksstarkes Bild des sogenannten deutschen Herbstes entstehen. Dabei ist ihr Vorgehen nicht streng chronologisch, sondern beginnt mit der Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer, da die Bilder von dessen Entführung und Geiselhaft bis heute im Bildgedächtnis vieler Menschen verankert sind und auch die Autorin dazu bewegt haben, sich mit diesem Thema zu befassen. - Gerade die für ein Sachbuch eher unübliche inhaltliche Gestaltung macht das Buch sehr gut lesbar und lässt die Darstellung des Terror-Jahres authentisch werden.

Sebastian Heuft

Sebastian Heuft

rezensiert für den Borromäusverein.

Ein Tag im Herbst

Ein Tag im Herbst

Anne Ameri-Siemens
Rowohlt (2017)

316 S. : Ill.
fest geb.

MedienNr.: 589171
ISBN 978-3-87134-834-1
9783871348341
ca. 19,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ge
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