Gesang vom Leben
Vielschichtigen Pfaden folgt der Leipzig- und Musik-Experte in seiner in fabelhaften Essay-artigen Dosen verabreichten Stadtlebensbeschreibung. Dabei genießt man es, "keine beweihräuchernde Heiligenerzählung" zu lesen, sondern Auf und Ab, Für und Wider, Einzigartiges neben "vergebene Chancen" gestellt zu sehen. Der versierte Autor kommt nicht umhin, gerade auf die für die "Neuzeit" dieser großartig dargestellten Musikgeschichte wichtigen Verflechtungen mit den politischen Ereignissen einzugehen. Die Bedeutung Leipzigs als eine der wenigen Musikmetropolen wird dadurch keineswegs geschmälert. Im Gegenteil, sie großteils in Abhängigkeit von großen "Geistern" des Metiers - Bach, Mendelssohn, Wagner stehen für weitere große Namen deutscher Tonkunst und -praxis - aufgezeigt zu sehen, überzeugt. Ohne Scheu und falsche Scham (wie etwa im "Fall" Kurt Masur), geht Kunze auch auf die Schattenseiten des "Musikbetriebs" ein: Thomaner, Gewandhaus, Oper, Ensembles wie amarcord & Co. stehen beispielhaft für Angelpunkte dieser Biografie. Sie besticht durch Liebe zur Wahrhaftigkeit und solitäre Sachkenntnis und begeistert nicht nur Musikfans.
Hans Gärtner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Gesang vom Leben
Hagen Kunze
Henschel (2021)
335 Seiten
fest geb.