Sibelius

Da seine von einer sehr protestantischen Familie geprägte Mutter dazu neigte, ihre Gefühle zu verbergen, entwickelte sich Jean Sibelius (1865-1957) mehr nach seinem Vater: künstlerisch begabt und äußerst sensibel, galanter Lebemann, gesellig, Sibelius freigiebig, aber auch eigenbrötlerisch und melancholisch. Der junge Musiker hat sehr gute Lehrer, findet Freunde, heiratet eine wunderbare und sich auch oft aufopfernde Frau, wird Vater von fünf Töchtern, hält es daheim aber leider immer nur kurzzeitig aus, braucht ständig Zigarren und viel Alkohol. An der Musik seiner Zeitgenossen Wagner, Brahms, Elgar, Glasunow u.a. lässt er kein gutes Haar, es erscheint ihm zu vieles nur belanglos und aufgesetzt. Denn Sibelius wollte für sich "genau das Gegenteil: einfache Mittel, große Wirkung". Seine Kompositionen kommen bei den damaligen Kritikern leider häufig schlecht an, angezweifelt wird manchmal sogar seine Originalität. Sibelius leidet an Syphilis und verfällt wiederholt in Depressionen. - Volker Tarnow schildert spannend und mit viel Liebe zum Detail dieses Leben und das dabei gewachsene Persönlichkeitsprofil, recht passend stellt er seine Ausführungen in den Rahmen der künstlerischen Strömungen aus Skandinavien, Russland, Deutschland und Frankreich. Dem Oeuvre von Sibelius gibt der Autor dabei - sehr lobenswert - auch einen gewichtigen Platz: Tarnow bringt hier zahlreiche Werkeinführungen, ordnet dabei gewissenhaft ein und bleibt immer allgemein verständlich. Mit ausführlicher Vita, Diskografie, vielen Anmerkungen und einem langen Personenregister rundet er das Buch ab. - Viel Freude beim Lesen werden hier vor allem die besonders Anspruchsvollen haben.

Gertraud Roth

Gertraud Roth

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Sibelius

Sibelius

Volker Tarnow
Henschel (2015)

288 S.
fest geb.

MedienNr.: 805358
ISBN 978-3-89487-941-9
9783894879419
ca. 27,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Mu
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