Knochenpalast
Der polnische Autor Andrzej Bart (Jahrgang 1951) stellt eine unterhaltsame schwarzhumorige Gesellschaftssatire vor, für die er das Warschau der 1950er Jahre als Aktionsraum wählt. Mit leichter Hand, fast mühelos erzählt er von der 30-jährigen Verlagslektorin Sabina, die sich mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter eine für die Nachkriegsverhältnisse ungewöhnlich geräumige Wohnung teilt. Da ihr jüngerer Bruder, der Künstler Arkadiusz, den Wünschen der Parteifunktionäre entspricht und "Gemälde zu Ehren der Verbundenheit von Arbeitern und Bauern" abliefert, genießen er und seine Angehörigen die Vorteile der Angepassten. Dass aber die vom Großvater geerbte Goldmünze nach neuesten Devisenbestimmungen abzuliefern ist, fordert den Ungehorsam Sabinas heraus. Als jedoch der gutaussehende Bronislaw Falski ihren Lebensweg kreuzt, droht dem verborgen gehaltenen Schatz Gefahr von dem als Liebhaber getarnten Staatsicherheitsmann. Die ungewöhnliche Befreiung von politisch-ideologischen Repressalien bildet den dramaturgischen Höhepunkt der Novelle. Dass die lakonisch erzählte lesenswerte Prosa 2009 als Vorlage für ein Filmprojekt diente, ist einigen als Regieempfehlungen zu deutenden Texteinschüben zu entnehmen. (Übers.: Albrecht Lempp)
Kirsten Sturm
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Knochenpalast
Andrzej Bart
Schöffling (2014)
184 S.
fest geb.